Streuner oder Freigänger? Wie erkenne ich hilfebedürftige Katzen?

Häufig im Herbst, wenn es draußen ungemütlicher wird, weniger Menschen sich in der Gärten aufhalten, Tiere verstärkt in menschlicher Nähe nach Nahrung suchen (Vögel, Igel, ...), oder auch zu jeder anderen Zeit im Jahr taucht plötzlich eine unbekannte Katze auf und streift durch den Garten, scheinbar auf der Suche nach Schutz und Futter...
Tut sie das wirklich? Oder ist es ein kontaktfreudiger oder neugieriger, bestechlicher Freigänger?

Der optische Endruck bietet uns ein erstes Indiz, struppiges oder verfilztes Fell, magerer Körper, unbehandelte Verletzungen oder offensichtliche Krankheit (z.B. schwer entzündete Augen) sind meist Kennzeichen von Streunern und in jedem Fall ein Grund zu handeln und der Katze zu helfen.
Streuner können jedoch auch noch gepflegt und gut genährt ausschauen, sind zwar meist scheu, jedoch nicht immer, möglicherweise haben sie eine zuverlässige Futterquelle oder sind noch nicht lange auf sich allein gestellt.
Es kann sich um entlaufene (z.B. durch Schreck aus der Tür entwischt, vom Balkon gesprungen, aus dem Fenster entwichen) Wohnungskatzen handeln, die sich draußen nicht auskennen, sie können ausgesetzt worden sein, als Freigänger durch Wegzug oder plötzliche Krankheit der Halter unversorgt sein, es gibt so viele Möglichkeiten... auch hier braucht die Katze Hilfe, denn dauerhaft wird sie nicht allein draußen zurecht kommen, aufgrund der Witterung, von Krankheiten (Verletzungen, Zahnprobleme), altersbedingt... irgendwann wird sie Hilfe brauchen und die kommt dann womöglich zu spät. Auch eine Kastration, um die weitere Vermehrung des Streunerbestandes zu vermeiden, ist wichtig.

 

Wenn die Katze nicht elend/verletzt/krank ausschaut, können wir sie erstmal eine Zeit beobachten, uns durch die Nachbarschaft fragen, auf Aushänge achten, Vermißtenmeldungen recherchieren (Tasso, Tierregister = Findefix, örtliches Tierheim) und erst wenn wir zu der Überzeugung kommen, sie ist kein Freigänger auf täglichem Streifzug durchs teils kilometergroße Revier, gegebenenfalls selbst eine Fundmeldung bei den gleichen Stellen aufgeben und die Katze dem Ordnungsamt (oder wer in der Region zuständig für Fundmeldungen ist) als Fund melden, die Katze muß dafür nicht „sichergestellt“ sein und in den eigenen Räumen sitzen.
Zutrauliche Katzen kann man auf Halsband mit Halterhinweisen und Tätowierungen in den Ohren absuchen. Man kann ihnen aus Papier ein Halsband zurechtschneiden, mit wasserfestem Edding beschriften (bitte melden unter Telefonnummer ... o.ä.) und mit Tesafilm die Enden zusammenkleben, bevor die Katze weiterstreift. So kann sich ein vorhandener Halter melden und mögliche Mißverständnisse aufklären. Womöglich muß das öfter wiederholt werden, weil die Katze sich des Halsbandes leicht entledigen kann/ es zerreißt, doch besser dies, als ein Unfall durch Strangulation aufgrund eines festen Halsbandes!
Erst wenn sich kein Hinweis findet und man sich recht sicher ist, diese Katze findet nicht Heim/hat keines mehr, sollte man sie einem Tierarzt zwecks auslesen des eventuell vorhandenen MikroChips vorstellen.
Läßt sich kein Halter ermitteln, bitte die Katze unbedingt als Fundtier melden, auch in allen Registern, möglicherweise wird sie dennoch von irgendwem schmerzlich vermißt. Es kommt immer wieder vor, daß Katzen weit entfernt von ihrem ursprünglichen Wohngebiet auftauchen, vielleicht versehentlich einen Lieferwagen „nutzten“ und dann in völlig fremder Umgebung das Fahrzeug verlassen.
Möchte man die Katze behalten, kann man nur über die behördliche Fundmeldung mit entsprechender Frist legal zum Halter/Eigentümer werden, alles andere kann als Fundunterschlagung geahndet werden und stellen wir uns vor, unsere Katze würde durch unglückliche Umstände abhanden kommen und von jemand anderem übernommen werden, ohne dass wir die Chance hätten über ihr Schicksal zu erfahren oder sie zurückzubekommen – das ist für Katz und Mensch und weitere Gefährten einfach schlimm und das möchten wir sicherlich auch keinem anderen Tierfreund zumuten.

Wenn die Katze offensichtlich Hilfe benötigt (elender Gesamteindruck, Verletzungen, Krankheit), sollte sie unbedingt einem Tierarzt vorgestellt werden.
Wenn wir das nicht selbst übernehmen können oder wollen, sollten wir sie als Fundtier melden und das zuständige Amt tätig werden lassen (klappt leider nicht überall), im Notfall über die Meldung bei der Polizei (Tier braucht dringend Hilfe weil schwer verletzt/krank/...), wer in welchem Fall zuständig ist, kann nach Region unterschiedlich verteilt sein. In Berlin z.B. ist die offizielle Sammelstelle im Tierheim Berlin, dort werden Fundtiere entgegengenommen (und die tierärztliche Versorgung sichergestellt), jedoch nicht abgeholt. In echten medizinischen Notfällen ist für das Sicherstellen und Überbringen ins Tierheim oder eine Tierklinik die Polizei der Ansprechpartner.
Das Ausleihen einer Katzenfalle bei Tierheim oder Tierschutz hilft in den Fällen scheuer/nicht greifbarer/nicht anfaßbarer Katzen beim Fangen, bitte vorab über die richtige Vorgehensweise recherchieren oder beim Tierschutz informieren.
Gezieltes Anfüttern kann helfen das nötige Vertrauen für die Sicherstellung der Katze aufzubauen, jedoch darf es nicht bei der reinen Futtergabe bleiben. Nur Füttern ist keine Hilfe und folgt zwar unseren Bedürfnissen, die Katze braucht jedoch mehr!
Geschützte Unterkunft und gesicherte tierärztliche Versorgung gehören mindestens ebenfalls dazu. Wer herrenlose Tiere regelmäßig füttert, übernimmt auch die Verantwortung für ihr Wohlergehen.
Wer sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlt, wendet sich bitte an den Tierschutz, um der Katze dauerhaft zu helfen. Auch das ist Tierliebe!
Aus eigener Erfahrung weiß ich, es kann knifflig sein, sich durchzufragen und nicht aufzugeben im Dschungel der Zuständigkeiten, Hilfe und Unterstützung findet man je nach Fall mit längerem Atem z.B. über das Internet, bei Gleichgesinnten, Katzenfreunden, Katzenhilfe, über Facebook usw.

Fremde zutrauliche Katzen, auch solche die jammern oder sich Zutritt zu den Wohnräumen verschaffen wollen, bitte nicht einfach füttern oder Leckerbissen zustecken!
Wir können nicht wissen, ob diese Katze nur menschlichen Kontakt und Zuwendung sucht, einfach eine kontaktfreudige Natur hat, denn es gibt tatsächlich Katzen, die regelmäßig im Revier bestimmte Nachbarn aufsuchen und „besuchen“ und vor allem wissen wir nicht, ob diese Katze aufgrund chronischer Krankheiten wie Diabetes, Futterunverträglichkeiten, Allergien, ... oder akuter Krankheiten zu bestimmten Zeiten Futter braucht, nur bestimmtes Futter verträgt (auch „irgendwelche“ Leckerlies sind im Fall von Unverträglichkeit/Allergie eine Katastrophe, die Katze und Halter ausbaden) und oder Medizin bekommt, deshalb zu bestimmten Zeiten daheim sein muß und wir sie nur davon ablenken würden, usw.
Katzen wissen leider nicht, welches Futter ihnen bekommt, denn sie können den Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme/Leckerlieverzehr und ihrem Unwohlsein nicht herstellen. Sie würden sich also auch über Leckerlies freuen, die ihnen als Folge Bauchschmerzen, Übergeben oder zahlreiche Klogänge mit Durchfall bescheren!
Freigänger ohne die Kenntnis und das Einverständnis der Halter zu füttern, so menschlich nachvollziehbar das auch sein kann „weil die Katze sich doch freut“, ist schlicht unangebracht und unfair.
Freigänger sind kein „Freiwild“, nur weil sie durch unsere Gärten streifen. Sie gezielt anzufüttern bedeutet letztendlich Entfremdung beim Halter. Zum Teil auch bei vorhandenen Gefährten, die ihre Kumpel vermissen. Und man sichert sich quasi nur die schönen Seiten, die Katze kommt wenn man es zuläßt und möchte, man bleibt jedoch frei von Verantwortung und festen Kosten, man kann Verreisen oder Wegbleiben wie man möchte, all dies verbleibt beim Halter, der sich aufgrund des Fremdeinflusses jedoch nur noch eingeschränkt um sein Tier kümmern kann.
Es gibt so viele Möglichkeiten das anders zu händeln, z.B. den Halter in Kenntnis setzen, womöglich ist dieser über das Kümmern ja erfreut, falls nicht, muß die Katze eben ignoriert werden und wenn die Liebe zu Katzen geweckt ist, kann man auch selbst einer Katze aus dem Tierschutz ein dringend benötigtes Zuhause geben und somit zum Vollzeit-Katzengefährten werden.
Wem das zuviel ist und wer gern Teilzeitkatzenliebhaber sein möchte: im Tierschutz wird immer nach helfenden Händen gesucht, nach Übernehmern von Patenschaften, nach streichelnden Händen, ... es gibt viele Möglichkeiten etwas für Katzen zu tun ohne selbst Katzenhalter zu werden und das ist auch Liebe zu Katzen :-)!

Ich freue mich über jedes aufmerksame Augenpaar und jedes offene Herz, welches Katzenelend entdeckt und hilft!
In diesem Sinne euch und allen Samtpfoten eine schöne Zeit miteinander
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