Teddy – vom Einzelgänger-Streuner zum Gruppenwächter


Teddy

Teddy tauchte im Sommer 2011 als Gastkater in unserem Garten auf. Er lag des Öfteren auf der Gartenbank oder abseits und hielt sich still zurück. Royan, Vicky und Jamie nahmen seine Anwesenheit einfach hin und er verhielt sich friedlich. Bonny hatte mit Teddy leider regelmäßig Stress und Kämpfe, nicht nur wenn sich die Beiden bei uns im Garten begegneten, auch überall im Umfeld.

Jamie und Teddy im Sommer

Teddy kam trotz Bonnys Abwehrhaltung und Revierverteidigung immer häufiger und lag wie selbstverständlich tagsüber für einige Zeit im Hof oder Garten. Zu mir hielt er Distanz, vor anderen Menschen flüchtete er. Das war das übliche Verhalten der Katzen aus der Nachbarschaft und ich ging davon aus, auch Teddy hat irgendwo in der Umgebung sein Zuhause. Unser Garten ist allgemein bei den Katzen aus der Nachbarschaft beliebt, das war also soweit nicht ungewöhnlich.

Im September wurde es kühler und eines Tages kam Teddy mauzend auf mich zu und ließ sich anfassen. Diesmal blieb er bis abends und verschwand auch dann nicht, sondern legte sich außen aufs Fensterbrett vom Eingangsraum. Dort lag er noch immer, als ich schlafen gehen wollte und mauzte mich an. Er schien deutlich um Hilfe zu bitten und nahm das angebotene Futter dankbar an. Sein plötzliches Vertrauen in mich berührte mich tief und dass ich ihm umfassend helfen würde, war keine Frage mehr.
Teddy sah relativ gepflegt aus, schaute aber meist aus nur dreivierteloffenen Augen, jetzt kam das klägliche Maunzen hinzu, seine beinahe 24 h Anwesenheit auf unserem Grundstück und sein Hunger – etwas in seiner Welt schien definitiv nicht mehr in Ordnung. War sein Halter plötzlich verstorben oder verreist oder konnte sich nicht kümmern oder hatte Teddy Schmerzen? Um das auszuschließen und nach einem Chip sehen zu lassen, wollte ich ihn gern unserem Tierarzt vorstellen. Also versprach ich ihm vorm schlafen gehen noch, wenn er am nächsten Tag vormittags da sei, würde ich mit ihm zu unserem Tierarzt fahren und dort würde er zuverlässig Hilfe bekommen. Dabei hoffte ich über einen Chip herauszufinden, wo der Kater hingehörte und so für alle Beteiligten Aufklärung zu haben. Von unseren diversen schon zuvor befragten Nachbarn kannte jeder den Kater, jedoch keinen Halter, er würde doch wohl zu uns gehören, weil er seit Wochen in der Nähe unseres Hauses wäre?

Teddy noch draußen als Gast

Am Folgetag war Teddy pünktlich, also fuhren wir zum Tierarzt, der leider keinen Chip fand und auch feststellte, der Kater wäre nicht kastriert, sein Alter sei etwa 3-4 Jahre, die allgemeine Untersuchung ergab keine gesundheitlichen Baustellen. Mit unkastriert hatte ich nicht gerechnet, der Kater roch nicht potent, verhielt sich nicht sehr dominant und bisher hatte ich keine Sicht unter seinen Schwanz gehabt. Einen sehr wahrscheinlich herrenlosen Kater wollte ich auf keinen Fall unkastriert wieder in die Freiheit entlassen, aus Schutz für seine Gesundheit (z.B. stetige Kämpfe mit anderen), aus Vorsorge vor ungewollten Würfen von Streunerkatzen usw. Also blieb der Kater gleich zum Kastrieren beim Tierarzt und bekam auch einen Chip. Der bis dahin Namenlose brauchte einen Namen für die Kartei und spontan fiel mir "Teddy" ein, da er sich damit angesprochen fühlte, war er fortan Teddy.
Den ersten Tag mußte Teddy drinnen bleiben und bezog, wie Anfang des Jahres Bonny, den Eingangsraum für sich allein. Seine Antibiotika bekam er noch täglich und obwohl er nun wieder raus durfte, machte er keine Anstalten länger draußen bleiben zu wollen. Er blieb in der Nähe, wollte sozusagen kurz draußen Spazierengehen, den Garten als Klo nutzen und dann aber bitte wieder reinkommen dürfen. Mit jedem Tag schlief er entspannter und schaute hoffnungsvoller ins Leben.
Ich verstand Teddys Situation, aber 5 Katzen waren so gar nicht geplant und Bonny und er waren Kontrahenten. Also müßte er vor allem lernen sich einzugliedern. Vicky, Royan und Jamie hatten überhaupt keine Probleme mit Teddy, sie kannten ihn ja bereits vom Garten, aber Bonny war ebenso Familienmitglied und sollte sich wohl fühlen, was mir mit Teddy problematisch erschien, vorsichtig ausgedrückt.
Letztendlich dachte ich mir, das Schicksal hat uns zusammengeführt, es hat seinen Sinn und irgendwie packen Bonny und Teddy das schon, ich hatte meine Chance, die Beiden in ein harmonischeres Verhältnis zu bringen. Es wäre schön für alle, würde das Kater-Drama ein Ende haben.
Selbstverständlich verfolgte ich intensiv, wie damals bei Bonny, die Meldungen vermißter Katzen bei Tasso und anderswo, doch niemand schien Teddy zu vermissen. Seinem Verhalten nach hatte er aber zumindest längere Zeit ein Heim gehabt, vermutlich als Einzelkatze, lebte aber nun offensichtlich bereits länger draußen auf sich allein gestellt. Im Sommer hatte das keine Probleme gebracht, doch ich begriff auch, weshalb Bonny und Teddy sich so "Feind" waren, sie hatten offensichtlich im letzten Winter um die Überlebensressourcen draussen gerungen und
beide von unserem Notfutter der Igel und dem, was sich in der Nachbarschaft erbeuten liess, gelebt. Geschützte Schlafplätze hatte es wohl genug gegeben.
Somit war also "Teddy Joker von den Eichkatzen" (weil er wie Jamie auf den Bäumen klettert) bei uns eingezogen und tatsächlich verbesserte sich mit meiner Moderation das Verhältnis zwischen Bonny und Teddy allmählich.
Ich hoffte inständig, dass keine weiteren Katzen mehr in unserer Gegend Zuflucht suchten und dass Bonny und Teddy weiterhin das Revier entsprechend verteidigen, denn unser Katzenclan hatte seine Grenze erreicht. Es muß schließlich Zeit und Platz für alle sein und unsere ersten Drei durften keinesfalls kürzer kommen, als vor dem "Gartenkaterzuwachs".

Teddy mit Jamie beim Klettern im Holunder

Teddy und Bonny friedlich gemeinsam auf einem Sessel noch im Jahr von Teddys Einzug, sie hielten es nicht lange aus, einer von Beiden verzog sich bald, doch es war ein Anfang und ich stolz auf die Zwei

 

Rückblick:
Teddy hat seit seinem Einzug eine große Entwicklung durchlaufen. Waren ihm anfangs die anderen noch „zuviel“ und er wollte mich am liebsten für sich allein, hat er sich zu einem Kater entwickelt, der das soziale Gefüge stabilisiert und sich für seine Katzengefährten in jede Auseinandersetzung stürzt, sobald er nur einen entsprechenden Laut von irgendwo hört. Sein anfänglicher Konkurrent Bonny ist zu seinem besten Kumpel geworden, auf den er achtet und dessen Rückkehr von den ausgedehnteren Streifzügen er sehnlichst erwartet. Er hält nach Bonny Ausschau und sobald er ihn sichtet, gibt Teddy Meldung, damit ich Bonny an der Tür reinlasse. Die Meldungen werden umso energischer und lauter, wenn ich nicht reagiere oder Bonny beschließt, noch ein wenig im Hof sitzen zu wollen.

Anfangs schien Teddy mit dem Setzen von Grenzen oder meinem Lenken innerhalb des Katzengefüges (vor allem was Bonny und ihn betraf) nur schwer zurecht zu kommen, jede mahnende Ansprache und jedes „nein“, schien Teddy mit Abweisung gleichzusetzen und seine kleine Welt brach quasi zusammen, er war wieder der Einsame, der Niemanden hatte, abgewiesen, fortgeschickt.
Das „Abgewiesen“ oder vermutlich sogar seines Platzes/Heimes verwiesen scheint Teddy´s erlittenes Trauma zu sein. Ich nehme an, er hat als Einzelkater mit Freigang bei einer Halterin ein schönes Leben gelebt, welches plötzlich endete. Ob seine Halterin wegziehen mußte, verstarb oder schwer krank wurde, habe ich nicht herausfinden können und ich vermute stark, dass Teddy von seinem Zuhause mit Gewalt vertrieben wurde, ob durch Nachmieter, Erben, neue Eigentümer, wer weiß, der Kater scheint plötzlich „über“ gewesen zu sein und unerwünscht.
Teddy hatte anfangs Angst vor Menschen, insbesondere Männern und ließ sich außer von mir, von Niemandem anfassen. Vor Besen, Spaten und ähnlichen Großwerkzeugen hatte er solche Angst, dass er sofort flüchtete, wenn ich dergleichen nur in die Hand nahm.
All das milderte sich mit der Zeit immer mehr, Fremde hat Teddy immer noch gern auf Distanz, doch bei „nein“ oder Grenzziehungen bricht schon viele Jahre nicht mehr Teddys Welt zusammen, er vertraut der Stabilität unserer Bindung und weiß um den richtigen Kontext der Worte oder Gesten.

Und er hält bedingslos zu seinen Gefährten, sobald einer klagt oder kämpft, läuft Teddy zur Unterstützung hin. Auch für stillen Beistand. Kürzlich mußte ich Jamies langes Fell am Hinterteil säubern und er beklagte sich jammernd, Teddy kam sofort, legte sich vor die geschlossene Badtür und schob eine Pfote unter der Tür durch, zu den Vorderpfoten von Jamie. Ich war tief beeindruckt.

Aus dem verlorenen, haltsuchenden, heimatlosen Kater ist ein Fels in der Brandung geworden, ein liebevoller Katerbär mit großem Herz, Teddy Joker von den Eichkatzen .


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